28.12.2024

Erwartungen an unseren Hund im Alltag, was ist realistisch?

Erwartungen an unseren Hund im Alltag – Ein oft unterschätztes Thema

Jeder Hundehalter bildet mit seinem Hund ein einzigartiges Team. Egal, ob Dackel, Rottweiler, Windhund oder ein Hund aus dem Tierschutz – unsere Vorstellungen und Erwartungen an die Vierbeiner sind oft viel umfangreicher, als wir uns bewusst sind.

Einige Beispiele aus der Vielfalt der Rassen und deren ursprünglicher Zuchtrichtung zeigen, wie unterschiedlich die groben Anforderungen an einen Hund sein können:

  • Manche Hundebesitzer möchten mit ihrem Border Collie Agility-Training betreiben, vielleicht sogar an Wettkämpfen teilnehmen.
  • Belgische Schäferhunde, Riesenschnauzer oder Rottweiler werden häufig im Schutzdienst ausgebildet, sowohl privat als auch beruflich.
  • Besitzer von Windhunden zieht es auf die Rennbahn, während Dackel, Weimaraner oder andere Jagdhunderassen jagdlich geführt werden.
  • Landseer und Neufundländer finden sich in der Wasserrettung oder als Rettungshunde wieder.
  • Labrador Retriever, Schäferhunde oder Working Cocker Spaniels kommen häufig in der Rettungshundearbeit zum Einsatz.
  • Cattle Dogs, Kelpies und Australian Shepherds werden als Treibhunde ausgebildet.
  • Herdenschutzhunde wie der Abruzzen-Schäferhund, Kangal oder Kuvasz helfen Schäfern beim Schutz der Herden.
  • In den letzten Jahrhunderten haben wir viele Rassen gezüchtet, darunter Gesellschafts- und Begleithunde wie Bichon Frisé, Malteser, Chihuahua oder Shih Tzu.

Insgesamt gibt es zehn verschiedene FCI-Gruppen, denen mehr als 350 anerkannte Rassen zugeordnet werden. In den letzten Jahrzehnten wurden auch Pudel in andere Rassen eingekreuzt, um Hunde wie Cockapoo, Maltipoo, Labradoodle, Aussiedoodle oder Goldendoodle zu schaffen – häufig, weil diese wenig bis kaum Haar verlieren.

Neben den Rassehunden gibt es viele Mischlinge, oft aus dem europäischen Ausland und dem Tierschutz.

Doch was bedeutet dir dein Hund? Welche Rolle spielt die Rassezugehörigkeit und was erwarten wir von einem Hund im Alltag?

Tatsächlich wird nur ein kleiner Teil der Hunde nach ihren rassebedingten Eigenschaften gehalten. In unserer heutigen Gesellschaft ist es uns oft nicht möglich, die ursprünglich vorgesehenen Aufgaben zu erfüllen.

Beispiel: Selten können wir uns eine Schafherde zulegen, um mit einem Hüte- oder Treibhund zu arbeiten. Viele Hunde sind daher vor allem Familienhunde, auch wenn sie sportlich oder in anderen Bereichen geführt werden.

Was erwarten wir noch von unseren Hunden?

Die Erwartungen variieren von Haushalt zu Haushalt. Für manche ist der Hund ein Ersatz für einen Partner oder Freund, für andere ein Sportkamerad oder Arbeitshund. Die Vielfalt der Aufgaben und Anforderungen ist so groß wie die Unterschiede in unseren Lebensstilen.

Ich nenne hier mal Punkte die mir so einfallen:

Regeln und Alltag

  • Sitz, Platz, Bleib – auf Signal und in unterschiedlichen Situationen.
  • Hier/Rückruf – zuverlässig, auch bei Ablenkung.
  • An lockerer Leine gehen – ohne Ziehen oder Springen.
  • Warten können – an der Tür, vor dem Futter oder auf Spaziergängen.
  • Nein/Lass das – Aufhören, wenn etwas unerwünscht ist.
  • Entspanntes Alleinbleiben

Sozialverhalten und Umgang mit Menschen/Tieren

  • Freundliches Verhalten gegenüber anderen Hunden – kein aggressives oder übermäßig aufgeregtes Verhalten.
  • Gelassenheit bei Kindern – ruhig und geduldig bleiben und sich anfassen lassen.
  • Gäste freundlich begrüßen – ohne Anspringen oder Bellen.
  • Keine Ressourcen verteidigen – wie z.B.:  Futter, Spielzeug oder Plätze.
  • Freundlich zu Fremden

Aktivitäten und Freizeit

  • Neben dem Fahrrad laufen
  • Mit Kindern spielen – sanft und ohne zu Überdrehen.
  • Freilauf mit Orientierung am Halter – auch ohne Leine in der Nähe bleiben.
  • Gelassen bei Autofahrten

Verhalten in verschiedenen Umgebungen

  • Im Café oder Restaurant ruhig bleiben.
  • In der Stadt gelassen sein – keine Angst vor lauten Geräuschen oder Menschenmengen.
  • Auf dem Land sicher bleiben – kein Jagen von Wild oder Weglaufen.

Umgang mit Reizen und Impulskontrolle

  • Nicht jedem Reiz hinterherlaufen – wie Katzen, Vögel oder Autos.
  • Kein exzessives Bellen – weder zu Hause noch draußen.
  • Ruhe bewahren bei lauten Geräuschen – z. B. Feuerwerk oder Gewitter.
  • Keine Angst vor Tierarztbesuchen.

Körperpflege und Handling

  • Fellpflege akzeptieren – Bürsten, Waschen und Scheren.
  • Pfoten abwischen lassen
  • Ohren und Augen kontrollieren lassen – ruhig bleiben beim Reinigen oder Untersuchen.
  • Zähne pflegen – Zähneputzen tolerieren.
  • Krallen schneiden – ob zuhause oder beim Tierarzt.
  • Zecken und Parasiten entfernen lassen – ohne Abwehrreaktion.
  • Baden und Trocknen – ruhig und geduldig bleiben.
  • Entspannt beim Tierarzt – Untersuchung, Spritzen, Blutabnahmen ohne Panik.
  • Transportbox akzeptieren – Im Auto

Gesundheit und Vorsorge

  • Medikamente nehmen – problemlos Tabletten schlucken oder Salben auftragen lassen.
  • Verband anlegen und tolerieren – sich nicht daran stören.
  • Ruhe bei Verletzungen – z. B. nicht an Wunden lecken oder Verbände abkauen.
  • Körperkontakt akzeptieren – von dir als Halter oder Tierarzt.

Alltagsverhalten in der Pflege

  • Geduldig beim Futter – nicht betteln oder drängeln während der Zubereitung.
  • Gelassen bei hektischen Situationen – z. B. bei viel Trubel im Haushalt.

Selbstständigkeit und Ruhe

  • Entspannt zu Hause bleiben – ohne ständig Aufmerksamkeit einzufordern.

Ich habe nun schnell mal 38 Punkte aufgezählt. Wenn wir mal aufzählen, was uns einfällt, entsteht schnell eine umfangreiche Sammlung – oft ohne, dass uns das überhaupt bewusst ist!

Hunde sollen in vielen Bereichen „funktionieren“, sich anpassen und gleichzeitig unsere treuen Begleiter sein. Dabei wird leicht übersehen, wie viel wir tatsächlich von ihnen erwarten.

Sätze wie: eigentlich muss er gar nicht viel können, nur Lieb sein und kommen, wenn ich ihn rufe. Ist das wirklich so?

Gute Kommunikation mit deinem Hund

Gute Kommunikation mit deinem Hund hat wenig mit „Kommandos“ zu tun. Es geht nicht um konditioniertes Verhalten, um eine tiefe Verbindung aufzubauen. Was wirklich zählt, ist, die kleinen Signale zu sehen, die dein Hund dir ständig sendet – und zu lernen, genauso klar und verständlich mit ihm zu sprechen.

Hunde sind Meister darin, unsere Körpersprache zu lesen. Dein Hund versteht dich oft besser, wenn du einfach klar und ruhig dastehst, als wenn du ihm zehnmal dasselbe sagst. Dein Blick, deine Haltung, selbst wie du atmest – all das ist Kommunikation. Und das Beste daran? Dein Hund antwortet ständig – du musst nur lernen, genau hinzuschauen.

Wenn du weißt, was dein Hund dir sagt, entsteht die Veränderung. Plötzlich brauchst du nicht mehr ständig „Nein“ zu rufen. Weil er sich verstanden fühlt.

Routine und klare Abläufe helfen deinem Hund, sich sicher zu fühlen. Es geht nicht darum, immer alles nach Plan zu machen, sondern darum, dass dein Hund lernt: „Wenn mein Mensch das macht, bedeutet es das.“ Kein Rätselraten, kein Frust – einfach eine klare Linie, die für euch beide funktioniert.

Verbindlichkeit entsteht nicht durch Druck, sondern durch Verständnis. Und genau das ist der Punkt. Sobald du diese Art von Kommunikation verstehst, merkst du, wie sich die Beziehung verändert. Dein Hund orientiert sich mehr an dir, einfach weil er es will – nicht, weil er muss.

Lust, das in Aktion zu erleben?

In meinen Workshops tauchen wir genau da ein. Du lernst, die feinen Signale deines Hundes zu lesen und mit deiner Körpersprache zu antworten. Es ist faszinierend zu sehen, wie schnell sich etwas verändert, wenn man die Sprache des Hundes spricht – und genau das zeige ich dir.

14.01.2024