Du machst den Unterschied - nicht die Methode
Wir möchten, dass unser Hund lernt, versteht und sich vielleicht ein Stück weit an unsere Welt anpasst – an unser Leben, unseren Rhythmus, unsere Vorstellungen. Das ist verständlich, denn der Wunsch nach Harmonie im Alltag mit Hund ist etwas Schönes. Doch manchmal steht etwas zwischen Wunsch und Wirklichkeit.
Viele Menschen berichten: „Zuhause klappt vieles, aber draußen ist alles anders.“ Oder: „Ich habe schon so viele Trainingsmethoden ausprobiert, aber es wird einfach nicht besser.“ Was ist da los? Vielleicht liegt es nicht daran, was wir trainieren, sondern wie – oder besser gesagt: wie wir selbst dabei unterwegs sind?
Training lässt sich wunderbar planen, aber oft wird es einfach „mit eingebaut“. Beim Joggen oder Walken schieben wir Übungen zwischen zwei Wegpunkte, doch in Gedanken sind wir schon weiter – am Ende der Runde, am nächsten Termin. Das Problem ist nicht das Training an sich, sondern der Rahmen.
Unser Hund merkt, womit wir gerade beschäftigt sind. Sind wir wirklich bei ihm – oder bei unserer Route? Echtes Lernen passiert im Moment. Wenn wir still sind, offen und neugierig – und nicht schon bei der nächsten Aufgabe.
Veränderung ist nicht einfach, auch für uns nicht. Wir kennen das von uns selbst: Wir nehmen uns etwas vor, fallen aber oft wieder in alte Muster zurück, weil sie vertraut sind und Sicherheit geben.
Manchmal merken wir gar nicht, dass wir im alten Trott unterwegs sind.
Genauso ist es im Training: Wir versuchen etwas Neues, und wenn es nicht gleich klappt, greifen wir wieder zum Alten zurück oder hören auf, weil es zu anstrengend, zu langsam oder zu unklar wirkt.
Dabei braucht Lernen – bei uns wie beim Hund – Zeit, Wiederholung und Vertrauen in den Prozess.
Hundehalter berichten: „Ich habe schon fünf Methoden der Leinenführung ausprobiert, aber es änder sich nichts.“ Doch oft hilft das nicht weiter, weil sich nur die Methode ändert, nicht aber unser Verhalten, unsere Haltung oder unsere innere Einstellung.
Eine neue Technik bringt selten Veränderung, wenn wir sie einfach nur anwenden. Wirkliche Veränderung beginnt nicht mit Methode sechs, sondern mit der ersten echten Perspektivänderung.
Unsere Hunde sind nicht „stur“ oder „unbelehrbar“, sondern feinfühlig, wach und lernbereit. Sie lernen nicht wie wir Menschen von Mensch zu Mensch, sondern auf ihre eigene Art.
Dafür brauchen sie unsere Zeit, Klarheit und Geduld.
Ein Hundeleben ist nicht durchgetaktet, es folgt keinem Zielplan, sondern dem Moment. Wenn wir das zulassen, entsteht etwas Wunderschönes: Lernen in Beziehung.
In meinem Training mit euch möchte ich genau diese Themen lebendig machen und euch unterstützen, das Wissen wirklich in euren Alltag zu integrieren. Denn wir alle können etwas verändern.
Vielleicht ist der wichtigste Trainingsschritt gar nicht der nächste Befehl, sondern die Frage an uns selbst: „Wie kann ich heute bewusster mit meinem Hund unterwegs sein – und mit mir selbst?“
Training beginnt „leider“ bei uns
Warum Veränderung im Mensch-Hund-Team oft bei uns selbst scheitert – und wie wir das ändern können
Immer wieder höre ich die gleichen Sätze von Hundehaltern/innen: „Zuhause klappt alles, aber draußen ist Chaos.“ „Ich habe schon alles versucht – nichts hilft!“ „Früher hatte ich nie solche Probleme mit Hunden.“
Doch warum kommen wir trotz Techniken und Methoden oft nicht weiter? Die einfache, aber unbequeme Wahrheit ist: Veränderung beginnt nicht direkt beim Hund, sondern bei uns.
Viele Menschen möchten trainieren, ohne sich selbst ein wenig anzupassen. Sie wünschen, dass der Hund einfach funktioniert – schnell, selbstständig und dauerhaft. Aber Lernen ist keine Einbahnstraße, sondern ein Dialog. Es braucht Geduld, Präsenz und echtes Einlassen auf die Bedürfnisse des Tieres.
Wir Menschen sind „Gewohnheitstiere“. Veränderung kostet Kraft, Zeit und Aufmerksamkeit. Stress, Zeitdruck oder Unsicherheit bringen uns schnell zurück in vertraute Muster.
Wir schimpfen mit unserem Hund, ziehen ihn an der Leine, geben nach oder hören auf zu trainieren, weil „es ja eh nichts bringt“.
Wir erwarten, dass der Hund endlich verstanden hat, doch reflektieren wir auch unser eigenes Verhalten? Wie klar kommunizieren wir wirklich? Wie regelmäßig und angepasst trainieren wir? Wie präsent sind wir im Moment mit unserem Hund?
Unsere Hunde sind feinfühlig, intelligent und lernfähig. Sie leben nicht nach unseren Zeitplänen und lernen nicht in unseren Erwartungsrastern. Sie brauchen Verständnis statt Druck, Wiederholung statt Wechsel, Ruhe statt Eile.
Was wir wirklich brauchen, ist kein neuer Trick, sondern ein Perspektivwechsel. Nicht: Wie bringe ich meinem Hund etwas bei? Sondern: Wie kann ich besser mit ihm kommunizieren? Nicht: Warum klappt es nicht? Sondern: Was kann ich, in meiner Haltung und Planung verändern?
Ein häufiger Grund, warum Training scheitert oder stagniert, ist, dass wir unsere Erwartungen zu schnell, zu hoch und zu starr setzen. Wir planen nicht das Training, sondern ein Ergebnis. Und wenn das nicht schnell genug eintritt, geben wir auf oder tun so, als wäre nichts gewesen.
Zwei Wesen – zwei Ichs
In jeder Mensch-Hund-Beziehung treffen zwei Persönlichkeiten aufeinander. Oft erwarten wir, dass unser Hund sich anpasst, lernt und folgt, während wir uns kaum hinterfragen.
Wir dürfen uns trauen, innezuhalten und aus alten Mustern auszubrechen. Nicht alles muss sofort klappen. Nicht jede Runde muss ein Ziel haben. Training darf, kleinschrittig, wiederholend sein – und manchmal einfach auch mal ausfallen, wenn die Verbindung gerade fehlt.
Ein Plädoyer für mehr Achtsamkeit
Vielleicht ist das größte Hindernis nicht unser Hund, sondern unsere Ungeduld. Unser Wunsch, Kontrolle zu behalten, Ziele zu erreichen und vor allem „fertig“ zu sein.
Wahres Lernen – auf beiden Seiten der Leine – braucht Zeit, Raum und Beziehung. Wenn wir weniger „funktionieren“ wollen und mehr gemeinsam erleben, entsteht genau das, was wir uns alle wünschen: echtes Verständnis, echte Verbindung und nachhaltige Veränderung.
Diese Situationen zeigen, wie tief unsere Muster greifen – und wie wichtig es ist, dass wir nicht nur beim Hund, sondern auch bei uns hinschauen. Gleichzeitig ist es wichtig, dass wir uns nicht überfordern.
Niemand muss sich völlig verändern. Es geht darum, wach zu werden für die kleinen Dinge. Achtsamkeit ist kein Leistungsprogramm, sondern ein sanftes Aufwachen.
Alltagsszene: Begegnung mit einem anderen Hund
Du siehst einen Hund auf dich zukommen. Dein eigener Hund ist angeleint. Du erinnerst dich: In der letzten Begegnung hat er gebellt, sich in die Leine geworfen. Du wirst angespannt. Deine Hand umschließt die Leine fester. Dein Atem wird flacher. Du nimmst dir vor, ruhig zu bleiben, versuchst es – doch dein Hund nimmt die Spannung wahr. Er wird schneller, zieht nach vorn. Vielleicht beginnt er zu bellen. Du reagierst automatisch: Die Leine wird kürzer, deine Stimme lauter. Die Situation eskaliert.
Solche eine Szene zeigt, wie schnell wir in alte Reaktionsweisen rutschen – auch, wenn wir es besser wissen.
Und nein, es hat nichts mit Schuld zu tun, es ist ein normales reagieren. Du fragst dich:
Warum passiert das immer wieder?
Vielleicht, weil alte Muster tief sitzen. Weil unsere Reaktionen nicht nur vom Verstand, sondern von Erfahrung, Emotion und innerer Haltung gesteuert werden. Und weil Veränderung eben kein gerader Weg ist, sondern ein Prozess voller kleiner Schleifen.
Es ist okay, wenn nicht jeder Tag gelingt. Es ist menschlich, zurückzufallen. Wichtig ist nicht, dass wir alles perfekt machen – sondern dass wir wieder aufstehen, wieder hinschauen, wieder neu beginnen.
Denn jeder Moment mit deinem Hund ist auch ein Moment mit dir selbst.
Ein persönliches Wort von mir als Hundetrainerin
All das, was ich hier beschreibe, kenne ich aus meiner Arbeit mit Menschen und Hunden – aber auch aus meinem eigenen Leben. Denn warum sollte mein Beruf, meine Rolle als Trainerin und Verhaltensberaterin, mich von den ganz normalen menschlichen Mustern, Reaktionen und Gewohnheiten ausnehmen?
Auch ich bin ein Mensch mit alltäglichen Herausforderungen, mit Momenten, in denen ich in alte Muster falle oder ungeduldig werde.
Das macht für mich den Weg so wertvoll: Wir lernen gemeinsam, Schritt für Schritt – als Menschen und als Team mit unseren Hunden.